Gib den Äffchen Zucker!
Wahrscheinlich werden unsere Kinder nicht alt. Bei ihrem Zuckerkonsum werden sie schon als Teenager Diabetes und eine Fettleber kriegen. Eigentlich können wir ihr Ausbildungskonto auch gleich auf den Kopf kloppen.
Als am Weltdiabetestag die Medien voll von apokalyptischen Warnungen vor zu viel Zuckerkonsum bei Kindern waren, ist mir direkt der Keks aus der Hand gefallen. Jedes siebte Kind ist übergewichtig, schon Teenager tragen Wohlstandsbäuche mit sich herum und leiden am metabolischen Syndrom, was früher nur mit alten Menschen in Verbindung gebracht wurde. Dabei waren Friedolin und ich mit so guten Vorsätzen gestartet.
In den ersten Lebensjahren der Siebenjährigen gab es bei uns ungesüßten Haferflockenbrei zum Frühstück, Leitungswasser zum Trinken, ungesüßten Naturjoghurt und selbstgemachtes Eis aus püriertem Obst und Hafermilch. Die Kinder kannten es nicht anders und haben nichts vermisst. Wir waren vorbildliche Hippie-Eltern.
Spätestens nach den ersten Spielverabredungen kam aber die Frage auf, warum es bei uns nicht auch immer Apfelschorle gibt und diese hübschen Zuckersterne in den Joghurt. Und unsere Tochter erzählte begeistert von den Naschrunden im Kindergarten zum Wochenende. Eigentlich werden in jeder Gruppe, die Kinder im Namen trägt, Süßigkeiten verteilt. Weil immer irgendwer Geburtstag hat oder weil Ostern ist oder Martinstag oder Advent oder einfach nur, um den Kindern eine Freude zu machen. Ich habe noch nicht ein einziges Mal Süßigkeiten für unsere Kinder gekauft und trotzdem sind ihre Schatztruhen immer übervoll. In den Truhen horten sie die auflaufenden Süßigkeiten und einmal am Tag nach dem Mittagessen dürfen sie sich eine Kleinigkeit aussuchen. Das klappt eigentlich wunderbar, es gibt bei uns kein Gequengel nach Süßigkeiten und sie gehen auch nicht heimlich an die Dosen, um zu naschen. Das wäre eine gesundheitlich unbedenkliche Menge an Zucker pro Tag. Aber dann kommt ja noch die Außenwelt dazu. Eine Weile habe ich versucht, gegen zu steuern und die Regel eingeführt: „Wenn ihr heute vormittag schon genascht habt, gibt es nichts mehr nach dem Essen.“ Dann war ich aber natürlich die gemeine Mutter und das Geschrei groß. Eigentlich habe ich auch vor allem Angst um ihre Zähne. Ich habe so schlechte Zähne, dass ich mit jeder Mitarbeiterin meiner Zahnarztpraxis per Du und ziemlich erfahren im Umgang mit Schmerzen und Opiaten bin. Natürlich würde ich meinen Kindern diesen Leidensweg gern ersparen, weniger Zucker könnte dabei helfen.
„Achten sie einfach darauf, dass ihre Kinder nur einmal am Tag etwas Süßes essen und zeitnah die Zähne putzen“, hatte mir meine Zahnärztin deswegen mit auf den Weg gegeben. Da konnte ich nur müde lächeln.
Gestern stocherte der Fünfjährige in seinem Mittagessen herum.
„Hast du keinen Hunger?“, fragte ich ihn.
„Nee, im Kindergarten gab es Kakao mit Sahne und Glitzerstaub.“
„Aber du magst doch gar keinen Kakao?“
„Deshalb hab ich nur die Sahne mit Glitzerstaub gekriegt“, sagte er und strahlte übers ganze Gesicht. Hauptsache die Kinder sind glücklich.