Kinder

Sexualkunde mit Regenwürmern

Der Tierarzt knallt eine Schale mit blutigen Kaninchenhoden auf den Tisch. „So, das sind sie“, sagt er. „Äh, danke?“ sage ich und schaue in die Transportbox. Der kleine Kastrat liegt benommen in der Ecke hinter Gittern. So sähe eine Folge Kaninchen-Game-of-Thrones aus, denke ich. Der Fünfjährige wendet sich ab und verbirgt sein Gesicht in den Händen. Hätte ich geahnt, dass uns die Beweismittel der Kastration hinterher präsentiert werden, hätte ich ihn im Auto warten lassen. Er hat vor kurzem verstanden, was es mit den Hoden auf sich hat, und fühlt mit dem kleinen Farinelli. 500 Milliarden Spermien produzieren die Hoden in einem Männerleben, das ist schon ein kleines Wunder. Der Fünfjährige fand, die Spermien im Was-ist-Was-Buch sähen aus wie Regenwürmer. Wenige Tage später stand seine kleine Freundin fassungslos neben mir, als ich Ackerfurchen zog und lauter Regenwürmer zum Vorschein kamen. „Wie kommen die denn jetzt da rein?“, fragte sie immer wieder. Ich verstand die Frage erst im Nachhinein, als mir der Fünfjährige eröffnete, dass er ihr die Sache mit den Regenwürmern und den Hoden genau erklärt habe. Schließlich möchte er seine Freundin später heiraten und ein Baby mit ihr haben. Beide waren nur etwas betrübt darüber, dass sie dann nicht mehr schwimmen gehen können.
„Warum denn nicht?“, fragte ich.
„Na, weil wir dann immer auf das Baby aufpassen müssen“, sagten sie.
„Ich kann dann ja mal auf euer Baby aufpassen.“
„Und wer fährt uns dann zum Schwimmen?“
„Na, ihr selbst.“
Beide schauten sich fassungslos an und lachten kopfschüttelnd los. Sie konnten sich ihr gesamtes Leben ausmalen, mit Eigenheim und Baby, aber dass sie allein mit dem Auto zum Schwimmen fahren dürfen, das ging dann doch zu weit. Womit sie natürlich recht haben. Ich weiß auch nicht, wann ich das letzte Mal allein zum Schwimmen fahren durfte.

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