Vorfreude
Die Zeit der Fülle hat begonnen. Unsere Wiese leuchtet in allen Farben. Löwenzahn und Himmelschlüsselchen in gelb, zartlila Wiesenschaumkraut, violette Veilchen und Taubnesseln, blauer Gamander-Ehrenpreis, weiß blühende Gänseblümchen und Vogelmiere. Der Anblick ist so wundersam, dass es mir ein Rätsel ist, warum Menschen ihren Rasen spritzen, um eine leblose grüne Fläche zu erschaffen. Klar, müssen die Kinder beim Barfußlaufen ein wenig Acht geben, aber bisher ist bei uns noch niemand gestochen worden. Vielleicht weil uns die Bienen so dankbar sind. Das ist der Vorteil am Kranksein. Endlich habe ich mal die Muße, im Garten einfach nur zu schauen und zu lauschen. Ohne, dass ich gleich aufspringen will, um zwischen den Zuckererbsen Unkraut zu jäten oder vorwitzig gewanderte Stauden umzusiedeln. Gestern lag ich mit den Kindern schlapp im Gras und genoss die warme Frühlingssonne. Um uns herum summte und über uns brummte es. „Ist das ein Hubschrauber“, fragte der Fünfjährige. Wir blickten auf und entdeckten in den filigranen Blüten des Ahornbaums unzählige Hummeln, deren Vibrationssammeln die Luft erfüllte. Und immer wieder war ein leises Piepsen zu hören. Die Vogelküken sind geschlüpft und betteln nach Futter. Unsere Amseln haben Nachwuchs, das Rotkehlchen-Paar, die Buchfinken, Meisen und Heckenbraunellen. Die Singdrosseln und Ringeltauben hatten auch Nester gebaut, deren Küken haben wir aber noch nicht entdeckt. Bald schlüpfen auch unsere Hühnerküken. Rambo sitzt seit 20 Tagen fest auf ihren Nest, heute Nacht könnte es bereits losgehen. Der Kükenstall ist vorbereitet, mit einer Kükentränke, Sandbad und kuscheligem Heunest. Und ich habe mir endlich mal einen kleinen Küchenmixer gegönnt, um Kükenfutter zu machen. Aus Mohrrüben, Brennnesseln und Haferflocken. Der Fünfjährige hat schon fleissig Regenwürmer in ein Glas mit Erde gesammelt. Aber mittlerweile hat er sich mit ihnen so angefreundet, dass er sie wohl doch nicht an die Küken verfüttern wird. Einmal hatte ich die Brut-Eier mit einer Taschenlampe durchleuchtet. Es ist definitiv etwas drin gewachsen. Aber ob die Küken wirklich schlüpfen und überleben ist eine andere Frage. Wir wünschen es uns so sehr. Kleine, flauschige Küken wären sicher die beste Medizin gegen den Corona-Blues.